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Jeder juristische Begriff muß aber vor allem die von ihm zu ordnenden juristischen Tatsachen als Einheiten auffassen, da er nichts anderes als die Form der Synthese dieser Tatsachen ist. Das Eigentum, das Pfandrecht, die Obligation sind begriffliche Einheiten, die nur aus dem gegebenen Stoffe der juristischen Tatsachen gewonnen werden, aus denen sich wiederum sämtliche sie bildenden juristischen Tatsachen deduktiv als Konsequenzen ergeben müssen.

Georg Jellinek
Allgemeine Staatslehre
EuGH: Glückspielmonopol im Internet gemeinschaftsrechtskonform Drucken
Mittwoch, 9. Sep 2009
In seiner Entscheidung vom 8.9.2009 in der Rs C-42/07 hat der EuGH ein portugiesisches Glücksspielmonopol, das sich auch auf das Anbieten von Spielen im Internet erstreckt, als mit dem freien Dienstleistungsverkehr vereinbar angesehen.

Im Ausgangsrechtsstreit ging es um Bußgelder die über  die portugiesische Fussballliga („Liga“) und Bwin, einem in Österreich und Gibraltar niedergelassenen Online-Spieleveranstalter, durch den portugiesischen Glückspielmonopolisten Santa Casa, ein mit Hoheitsgewalt beliehenes öffentliches Unternehmen, verhängt wurden. Als Grund für die Bußgeldentscheidung wurde der zwischen Bwin und der Liga abgeschlossener Sponsoring-Vertrag angeführt: Dieser umfasst die Umbenennung der portugiesischen Ersten Fussballliga in „Bwin Liga“, das Anbringen der Firmenzeichen von Bwin auf der Ausrüstung der Spieler und in den Stadien der Erstligavereine sowie die Verknüpfung der Internetseite der Liga mit jener von Bwin. Auf diese Weise würden die Aktivitäten von Bwin, die auch unter das Monopol fallende Glückspieldienstleistungen umfassen, beworben und gefördert. Darin sei nach portugiesischer Gesetzeslage eine Ordnungswidrigkeit zu erkennen wäre.

Der EuGH stellt zunächst wenig überraschend fest, dass eine Regelung eines Mitgliedstaats, die es in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Dienstleistungserbringern wie Bwin untersagt, in seinem Hoheitsgebiet Dienstleistungen über das Internet anzubieten, eine Beschränkung des in Art 49 EGV verbürgten freien Dienstleistungsverkehrs darstellt (Rz 52). Ausschlaggebend ist daher die Rechtfertigung der staatlichen Maßnahmen. Diesbezüglich folgt der EuGH den Ausführungen der portugiesischen Regierung und des Monopolisten, wonach mit der nationalen Regelung hauptsächlich die Bekämpfung der Kriminalität, genauer der Schutz der Glücksspieler vor Betrug durch die Anbieter bezweckt sei (Rz 62).

Der EuGH wies grundsätzlich darauf hin, dass verglichen mit den herkömmlichen Glücksspielmärkten Angebote im Internet wegen des fehlenden unmittelbaren Kontaktes zwischen den Verbrauchern und den Anbietern anders geartete und größere Gefahren in sich bergen, dass die Verbraucher eventuell von den Anbietern betrogen werden (Rz 70). Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, „der für manche der Sportwettbewerbe, auf die er Wetten annimmt, sowie für manche der daran beteiligten Mannschaften als Sponsor auftritt, eine Stellung innehat, die es ihm erlaubt, den Ausgang dieser Wettbewerbe unmittelbar oder mittelbar zu beeinflussen und so seine Gewinne zu erhöhen“ (Rz 71).

Bemerkenswert ist weiterhin das Argument des EuGH, dass selbst die Tatsache, dass Online-Spieleanbieter in einem anderen Land konzessioniert sind und behördlichen Kontrollen unterliegen, „nicht als hinreichende Garantie für den Schutz der nationalen Verbraucher vor den Gefahren des Betrugs und anderer Straftaten angesehen werden kann.“ Denn  man müsse die Schwierigkeiten berücksichtigen, „denen sich die Behörden des Sitzmitgliedstaats in einem solchen Fall bei der Beurteilung der Qualitäten und der Redlichkeit der Anbieter bei der Ausübung ihres Gewerbes gegenüber sehen können“ (Rz 69).

Aus all diesen Gründen steht das portugiesische Verbot von Glückspieldienstleistungen außerhalb des Monopols dem Art 49 EGV nicht entgegen.

Den Mitgliedstaaten verbleibt damit, insb in den Bereichen der inneren Sicherheit und Kriminalitätsbekämpfung, ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Errichtung eigener Zielsysteme und der Organisation verwaltungsbehördlicher und strafrechtlicher Verfolgung. Der EuGH hat damit auch seinen Ansatz bei Glücksspielmonopolen bestätigt, wonach zwar Beschränkungen kommerzieller Glücksspiele einen Eingriff in die gemeinschaftsrechtliche Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit bedeuten, diese aber durchaus gerechtfertigt sind, sofern sie dem Ziel dienen, die Gelegenheiten zum Glücksspiel zu vermindern oder Straftaten vorzubeugen.

 

(TM)

Siehe auch:

EuGH vom 6. März 2007, Rs C338/04, C359/04 und C360/04, Placanica et al

EuGH vom 6. November 2003, Rs C-243/01, Gambelli et al       

Aktualisiert: ( Mittwoch, 9. Sep 2009 )